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Investitionsflucht aus Deutschland so hoch wie nie

Investitionsflucht aus Deutschland so hoch wie nie

Die Investitionsflucht ist im Jahr 2022 ein weiterer negativer Rekord für Deutschland, nach jahrelangem Fachkräftemangel und hohen Energiepreisen in einer schwächelnden Energiewende. Der Standort Deutschland bekommt eine immer längere Liste von Nachteilen für ausländische Investoren, sodass die Investitionsflucht aus Deutschland nie dagewesenes Ausmaß annimmt, während die USA einen regelrechten Boom erlebt. Im Jahr 2022 fließen netto 125 Milliarden Euro (132 Milliarden US-Dollar) an Direktinvestitionen ab.

Umfrage zeigt, dass Unternehmen starke (58 Prozent) oder existenzielle Herausforderung (34 Prozent) für den Standort Deutschland sehen.
Umfrage zeigt, dass Unternehmen starke (58 Prozent) oder existenzielle Herausforderung (34 Prozent) für den Standort Deutschland sehen.

Instituts der deutschen Wirtschaft veröffentlicht Zahlen

Das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) veröffentlicht einen Kurzbericht („Deindustrialisierung – Eine Analyse auf Basis von Direktinvestitionen“) mit Zahlen von Investitionen für das Jahr 2022. IW nutzt für die Analyse Daten der Deutschen Bundesbank, Statistiken der OCED und Daten von PwC. Direktinvestitionen sind eine Form der Auslandsinvestitionen, um Wirtschaftssubjekte (Immobilien, Unternehmen usw.) in einem anderen Staat zu erwerben.

Während die Direktinvestitionen im Jahr 2020 noch einen leichten Zufluss von 5,1 Mrd. Euro (5,5 Mrd. US-Dollar) erlebt haben, war der Kapitalabfluss in den Jahren 2021 und 2022 so hoch wie noch nie. Die Investitionsflucht lag im Jahr 2021 bei 112 Mrd. Euro (118,7 Mrd. US-Dollar) und steig im Jahr 2022 weiter an auf insgesamt 125 Milliarden Euro (132 Milliarden US-Dollar).

Der IW Bericht zeigt eindeutig, dass seit 2018 die brutto Kapitalzuflüsse jedes Jahr weiter zurück gehen. Während im Jahr 2021 sogar noch mehr Kapital abgeflossen ist, waren die Zuflüsse noch etwas höher als im Jahr 2022. Damit steht die Investitionsflucht aus Deutschland an der Spitze von allen 46 analysierten Staaten. Im Jahr zuvor lag Deutschland noch auf Platz 3, hinter Japan mit 122 Mrd. US-Dollar und UK mit 156 Mrd. US-Dollar. Die Top 3 bleiben aber im Jahr 2022 erhalten, sodass Japan mit 129 Mrd. US-Dollar nur knapp hinter Deutschland liegt, während UK mit 116 Mrd. US-Dollar noch etwas mehr Abstand hat.

Grafik: Institut der deutschen Wirtschaft (IW)

Investitionsflucht zeigt die Deindustrialisierung von Deutschland

Trotz einiger positiver Nachrichten über neue Investitionsgelder für Deutschland und der jüngsten Ansiedlungen großer Konzerne wie Intel in Magdeburg meiden einer Studie zufolge immer mehr Investoren den Standort Deutschland. Die USA locken viele Unternehmen mit dem Inflation-Reduction-Act und weiteren Subventionen, während das in Deutschland nur für die Global Player wie Intel vorbehalten ist.

Der Autor der Studie, IW-Ökonom Christian Rusche, sieht die Zeichen als klares Signal: „Die Zahlen sind als Warnsignal zu verstehen, dass der Standort an Attraktivität verliert: Demografie oder hohe Energiepreise setzen Deutschland zu. Viele Probleme sind aber hausgemacht.“ Hohe Unternehmensteuern, bleierne Bürokratie, steigende Inflation und eine marode Infrastruktur hätten Deutschland immer unattraktiver gemacht. Dazu steht Europa und der gesamte Euro immer mehr unter Druck einer kommenden Rezession und ein jahrelanger Fachkräftemangel. Die Stärken von Deutschland werden kaum beachtet und die regierenden Politiker ruhen sich auf dem Rücken der marktführenden Unternehmen zu sehr aus.

Deutschland verliert wichtige Bereiche der Wirtschaft und die Deindustrialisierung nimmt immer umfassendere Züge an. Bussiness-Leaders.net führt eine Liste von Unternehmen, die von der Deindustrialisierung betroffen sind. Eine regelrechte Insolvenzwelle nach Corona und den steigenden Energiepreisen hat Deutschland durchzogen. Von der Insolvenz verschonte Unternehmen flüchten aus Deutschland, wie zuletzt der Wärmepumpen Hersteller Viessmann.

Investitionsflucht droht sich fortzusetzen

Das „Handelsblatt“ berichtet über eine Umfrage unter deutschen Industriefirmen der Managementberatung Horváth: „Fast jedes dritte Unternehmen wolle in den nächsten fünf Jahren insbesondere aufgrund hoher Personalkosten Personalbestand in West- und Südeuropa abbauen und in Indien, Nordamerika und China aufbauen.“

Die Analyse des IW zeigt aber, dass im Jahr 2022 das Kapital vor allem in den Euroraum geflossen ist. In etwa 10 Prozent entfallen auf weitere EU-Staaten. Die amerikanischen Subventionen kommen genauso wie Asien auf je 14 Prozent Anteil. In Europa haben die meisten Investitionsprojekte in Frankreich stattgefunden. Die meisten neuen Arbeitsplätze wurden jedoch in Polen angekündigt (ca. 7.000). Frankreich kommt dagegen nur auf rund 6.000 neue Stellen, obwohl das meiste Kapital nach Frankreich geflossen ist.

Betrachtet man den Fluss von deutschen Direktinvestitionen, wird der Einfluss der USA sehr deutlich, denn die meisten Investitionen (400 Milliarden Euro) fließen im Jahr 2022 in die USA. Insgesamt wurden über 10.000 Arbeitsplätze von US-Unternehmen in Deutschland angekündigt, gefolgt von chinesischen Investoren mit rund 4.600 Stellen, berichtet IW unter Berufung auf Daten von Ernst & Young. Die starke Investitionsflucht in die USA spiegelt sich auch in den Direktinvestitionen wider, die Deutschland erhalten hat. Der größte Investor in Deutschland war im Jahr 2022 die USA. Die 10.000 neuen deutschen Arbeitsplätze dürften so gut wie alle aus der Giga-Factory von Intel stammen, genauso wie der Löwenanteil der Direktinvestitionen aus den USA in Deutschland.

(TB)